Leben

Alfred wird in eine Zeit geboren, für die das Wort “schwierig” kaum ausreicht. Krefeld ist in den 30er Jahren eine mittelgroße deutsche Stadt, wie viel andere, auch wenn die Textil- und Seidenindustrie der Stadt eine eigene Geschichte erzählt. 1932 ist ein Jahr,  in dem beispielsweise der Bauhaus-Lehrer Johannes Itten zum Leiter der Abteilung Textile Flächenkunst an der Textil-Fachschule in Krefeld berufen wird.

Alfred ist der Älteste von 4 Söhnen. Die Kindheit ist hart und geprägt von den Zeitläuften, die z.B. auch die Stichworte “Kinderlandverschickung” und Flucht beinhalten.

Mit der Entstehung der Bundesrepublik macht der junge Mann sein Abitur und geht seinem Berufswunsch, Lehrer zu werden, nach. Er ist ein fröhlicher junger Mann, der viel Blödsinn im Kopf hat, gerne Scherze mit Anderen macht und Feste feiert. 1954 lernt er Irmhild, eine junge Frau kennen. Ein Flüchtlingskind aus Königsberg, Ostpreußen. Sie verlieben sich und nach und nach erhält Alfred auch die Erlaubnis von dem strengen Vater Dr. Stock sie auszuführen und sogar mit ihr auf Ausflüge zu gehen.

Alfred Böll Krefeld Kirche
Kirchen & Klöster
zu Hause sein

Das junge Paar erlebt die 50er Jahre, so wie sie waren und heiratet 1956. Irmhild macht Abitur und arbeitet als Sekretärin, um ihrem Ehemann sein Studium mitzufinanzieren. Der junge Lehrer bekommt bald schon eine Stelle und das Paar zieht in eine erste eigene Wohnung in Krefeld-Oppum. Irmhild widmet sich fortan (und für ihr ganzes Leben) vollständig der Familie. Der erste Sohn wird 1960 geboren und innerhalb von 3 Jahren kommen ein weiterer Sohn und eine Tochter hinzu.

Die größer werdende Familie braucht mehr Platz und entscheidet sich, das Wagnis einzugehen, ein Haus zu bauen. Mit Irmhilds alten Eltern und den 3 Kindern ziehen sie 1964 in das neue Heim ein – in einer gerade entstandenen neuen Siedlung in Krefeld-Forstwald. Ein Jahr nach dem Einzug wird der letzte Sohn geboren.

Während Irmhild wenig schläft und sich 24 Stunden um Haushalt und Familie kümmert, arbeitet Alfred hart – als Lehrer und dann Rektor, sowie als Politiker, der mit seinen guten Freunden Klaus Evertz und Horst Jöbges erst die Junge Union und später die CDU in Krefeld modernisiert. Er ist ständig auf Sitzungen, Veranstaltungen und hat den Ruf ein harter Verhandler zu sein, der akribisch Pläne durchsetzt.

Schon in der ersten Wohnung kamen oft Freunde zu Besuch und wurden Nachtsitzungen abgehalten. Mit der Familie wird es etwas weniger, aber das Haus ist immer voll und lebendig. Das Leben ist schwierig und hart, die Finanzen reichen kaum am Anfang. Der Platz ist begrenzt, weil auch die Eltern des jungen Paars mit ihnen leben und dann später auch in diesem Haus sterben werden. Die Zeit schreitet voran, die Kinder gehen zur Schule und entwickeln sich und die Hecken zu den Nachbarn wachsen.

Alfred Böll Krefeld Garten
der eigene Garten
Alfred Böll Krefeld Moderne Kunst
moderne Kunst

Der langsam entstehende Wohlstand ermöglichte es Alfred auch, eine Ferienwohnung in Heiligenhafen an der Ostsee zu kaufen, in der die Familie fortan alle Schulferien verbringt. Bei den längeren Ferien-Aufenthalten lässt Alfred die Familie auch oft dort alleine, weil er arbeiten muss. Oft kommen auch noch andere Kinder mit. Für Alfred sind das wertvolle Erholungstage, die er in seinem prall gefüllten Kalender braucht.

1975 stirbt Irmhilds Vater im Haus. Er war 90 Jahre alt, was zu der Zeit als fast schon biblisches Alter gilt. Natürlich ergeben sich dadurch viele Veränderungen, weil auch die finanzielle Hilfe durch seine Rente wegfällt.

Alfred ist als Fraktionsvorsitzender stark in die Lokalpolitik eingebunden. Er wird dann als Dezernent vorgeschlagen und wechselt in die Stadtverwaltung. Dort ist er bis zu seiner Pensionierung verantwortlich für Schule, Sport, Jugend und später auch Personal.

Wer vorher gesagt hätte, dass der so hart arbeitende Alfred Böll mit der Rente in ein mentales Loch fallen würde, hat sich schwer getäuscht. Alfred geht seine Rentenzeit mit der gleichen detaillierten Planung an, wie sein Arbeitsleben. Er genießt die Zeit mit seiner Frau und mit all den Hobbys, für die er vorher nie Zeit hatte: Natur, Kultur, Literatur und so vieles mehr.

Natur

Alfred war immer gerne in der Natur. Früh ging er mit Freunden auf Wanderschaft, ein Hobby, dass er sein Leben lang beibehielt. Er liebte auch Skifahren und fuhr mit Irmhild nach Bayern bis ein komplizierter Beinbruch die Abfahrt unmöglich machte, was er dann später durch Langlauf ersetzte. Um dem Arbeitsstress zu begegnen, ging er jeden Morgen joggen und nutzte dabei aus, dass der Forstwald fast direkt vor der Haustür war.

Die “Sonntags-Wanderung” war ein festes Ritual, dass die Kinder in den Teenagerjahren nerven mochte, aber nach dem Brunch Pflicht war. Spaziergänge und Wanderungen waren auch in späteren Jahren eine geliebte Beschäftigung. Für lange Zeit kam dann auch “Nordic Walking” hinzu und erst vor kurzem kaufte sich Alfred neue Stöcke, um seine Waldspaziergänge besser zu unterstützen.

Alfred Böll Krefeld Wandern
Wandern & Sport
Alfred Böll Krefeld Kultur
Kultur & Museen

Kultur & Reisen 

Nach einem überfüllten Terminkalender während des Arbeitslebens widmete Alfred sich nach der Pensionierung immer mehr seinen Hobbys. Endlich hatte er Zeit, kulturelle Orte zu besuchen und Welterbe zu entdecken. Noch vor einigen Jahren machte er mit Irmhild eine Reise nach Ravenna in Italien.

Alfred ist immer gerne gereist und erst Corona bremste seine Abenteuerlust. Wenn er nicht mit seiner Frau und manchmal auch Kindern oder Enkeln unterwegs war, gab es fest geplante Touren mit den “Weinfreunden” oder dem “Stammtisch”. Für lange Zeit bereitete er diese Reisen vor, besuchte oft die Orte schon vorher, um die beste Tour zusammenzustellen.

Apropos “Wein”: genauso akribisch, wie Alfred seinen Beruf und professionelle Tätigkeit ausführte, widmet er sich heute noch seiner Leidenschaft Wein. Er liebt es, Trauben und Reben zu recherchieren und genau zu verkosten. Dabei entwickelte er schon früh eine Liebe für kleinere und unbekanntere deutsche Weingüter. Ein Grauburgunder von Dönnhoff  oder ein Weißburgunder von Knab gehören dabei zu seinen Lieblingsweinen. Ab den 80er Jahren schon konnte man blind Alfreds untrüglichem Urteil vertrauen, das einen Wein mit wenigen Worten in “gut”, “trinkbar” und “geht gar nicht” unterteilte, sowie dabei immer Perlen aus der Masse an Möglichkeiten aussuchte.

Alfred Böll Krefeld Wein
ein gutes Glas Wein
Alfred Böll Krefeld Literatur
Literatur geniessen

Lesen & Bildung

Es verwundert nicht, dass der ehemalige Lehrer sein Leben lang gerne gelesen hat. Der Akademiker-Haushalt, indem auch lange der “Studienrat aus Königsberg” gelebt hat, ist mit Büchern bis unter die Decke gefüllt – ein Paradies für Bibliophile. Reclam-Klassiker aus den 50er Jahren; Philosophie-Betrachtungen mit einem Fokus auf Hannah Arendt und Karl Popper; Geschichte und Biografien; Pädagogik und Arbeitsmethodik, Weinführer, Sportwissenschaft und Diätbücher; Investment-Ratgeber und (noch relativ neu) Ernährungs-Fachbücher … die Liste kann sehr lange weitergeführt werden.

Aber nicht nur die Literatur und Bücher stapeln sich. Die ganz besondere Liebe des Zeitungs-Studiums ist nur für ebenfalls Betroffene verständlich. Alfred hat das Ritual der täglichen Lektüre der geliebten Überregionalen erst vor Kurzem aufgegeben. Die lokale Rheinische Post bleibt abonniert, genauso wie die FAZ am Samstag. Es macht ihm immer noch viel Freude.